The Man Who „Simplified“ Chinese
CHINESISCHER LINGUIST ZHOU YOUGUANG STIRBT MIT 111 JAHREN
Der chinesische Linguist Zhou Youguang, der bei der Entwicklung der bis heute am meist verbreiteten Pinyin-Umschrift für die chinesische Zeichenschrift mitgewirkt hat, ist mit 111 Jahren verstorben.
Zhou erlebte seinen letzten Geburtstag, den er am Freitag gefeiert hatte, nur um einen Tag, wie die Staatsmedien berichteten. Das Kommunistische Parteiorgan „People’s Daily“ schrieb, Zhou habe zur „Erleuchtung einfacher Leute“ beigetragen. Der Linguist wurde in der Schlussphase der chinesischen Kaiserzeit in eine aristokratische Familie geboren. Den Bürgerkrieg erlebte er nicht aus der Nähe mit, weil er damals für eine chinesische Bank an der New Yorker Wall Street arbeitete. Während seines Aufenthalts in den USA traf Zhou in Princeton zwei Mal mit dem Physiker Albert Einstein zusammen.
Nach dem Sieg der Kommunisten 1949 war Zhou zeitweise ein enger Vertrauter des langjährigen Regierungschefs Zhou Enlai. 1955 wurde er in einen Ausschuss berufen, der die Alphabetisierung der chinesischen Bevölkerung voranbringen sollte. Dazu wurde die Pinyin-Umschrift genutzt, eine phonetische Wiedergabe des Chinesischen auf der Basis des lateinischen Alphabets. Seit den 1950er Jahren stieg die Alphabetisierungsrate in China von rund 20 auf mehr als 90 Prozent.
Während der Kulturrevolution entfremdete sich Zhou zunehmend von den Kommunisten. In den 60er Jahren wurde er für zwei Jahre in das Arbeitslager Ningxia verbannt, getrennt von seiner Frau und seinem Sohn. Im Nachhinein beschrieb er die Jahrzehnte von 1960 bis 1980 als „verlorene“ Zeit. „Ich habe über Mao Tse-tung nichts Gutes zu sagen“, lautete Zhous Urteil über den Kommunistenführer.
Zhou sprach sich schließlich für das lateinische Alphabet aus, um damit eine einfachere Kommunikation zwischen China und dem Rest der Welt zu vereinfachen. Im Jahr 1958 erblickte Pinyin das Licht der Welt und verbreitete sich rasend schnell in China. Trotz politischer Restriktionen in den 60er Jahren machte sich Zhou später dafür verdient, dass sein System, heute auch bekannt als „Simplified Chinese“ als internationaler Standard anerkannt wurde. Das geschah im Jahr 1982 (ISO 7098).Heute ist Pinyin, wörtlich ‚Töne zusammensetzen‘, gang und gäbe in der elektronischen Kommunikation – die Software übersetzt den in Pinyin eingegebenen Text in chinesische Zeichen, so dass die Chinesen schnell SMS, E-Mails schreiben oder mikrobloggen können.
Maos Nachfolger Deng Xiaoping rangierte in Zhous Einschätzung höher. In zahlreichen Büchern setzte er sich mit den marktwirtschaftlichen Reformen dieser Zeit auseinander. Dennoch monierte Zhou, es sei „nicht wichtig“, dass sich die Menschen bereichern. „Menschlicher Fortschritt ist letztlich Fortschritt in Richtung Demokratie“, befand Zhou. 2015 sagte er der Nachrichtenagentur AFP, China müsse noch immer „den Weg der Demokratie beschreiten“. Dies sei „der einzige Weg“.