Haben Sie schon einmal einen Text von jemanden gelesen, der die Sprache nicht perfekt beherrscht? Oft merkt man das daran, dass Ausdrücke verwendet werden, die unnatürlich wirken, oder die Grammatik verfremdend gebraucht wird. Der Text wird nicht korrekt, obwohl er es in der Sache ist.
Nun ist das Besondere daran oft, dass der Autor der festen Überzeugung ist, alles korrekt gemacht zu haben und in den meisten Fällen damit auch Recht hat. Es ist ja richtig, nur für den muttersprachlichen Leser eben ungewohnt.
Dieser Effekt stellt sich manchmal sogar schon innerhalb des deutschen Sprachraums ein. Beispielsweise spricht man in Norddeutschen Gebieten vom Januar in Österreich aber von Jännar. Für den einen wie den anderen wirkt es verfremdend, obwohl es korrekt ist.
Wie reagieren wir für gewöhnlich auf Texte, bei denen wir ein ungewohntes und damit ungutes Gefühl haben? Wir lesen diese Schriftstücke nur mit reduzierter Aufmerksamkeit bzw. legen die Inhalte schnell Beiseite. Damit wird weder die Information zufriedenstellend vermittelt, noch die Mühe für die Erstellung des Textes gewürdigt. Man hätte es sich auch sparen können, wenn der Text wegen der mangelnden Sprache nicht gelesen wird.
Eben dieser Gefahr sieht sich auch jede Übersetzung ausgesetzt. Wir hatten ja alle englisch in der Schule und sind dann der Überzeugung den vorliegenden Text zufriedenstellend übersetzen zu können. Die ähnliche Überzeugung hatte unser unglücklicher Autor zu Anfang auch. Natürlich lesen wir den übersetzten Text Korrektur, verbessern und feilen. Aber können wir damit das Niveau eines Muttersprachlers erreichen?
Noch kurioser ist die Übersetzung mit kostenlosen Tools im Internet. Machen Sie sich mal den Spaß und lassen Sie einen Satz in verschiedene Sprache übersetzen und irgendwann wieder zurück ins Deutsche. Das, was da bei Ihnen „ankommt“ ist nicht mehr verständlich – und kann es auch gar nicht sein.
Die Bedeutung im Kontext
Worte erhalten Ihre Bedeutung aus dem Kontext des Geschriebenen – Verständigung ist immer ein Verstehen im Kontext. Die 1:1 Entsprechung von Worten und deren Übertragung ist niemals zufriedenstellen, da der Kontext nicht aufgegriffen werden kann. Aus diesem Grund ist ein guter Rat beim Lernen von Vokabeln den Kontext der Verwendung des Wortes zu lernen. Keine direkte Entsprechung, sondern einen kleinen Satz oder Satzteil, in dem diesem Wort verwendet wird.
Das beste Beispiel für die Bedeutung des Kontextes ist die Ironie, bei der Gesagtes und Gemeintes oftmals gegenteilig sind. Die Bedeutung entsteht im Kontext und durch den Kontext wird das Gesagte verstanden. Gerade der Tonfall kann bei der Ironie eine bedeutende Rolle spielen. Es ist daher ratsam in SMS und WhatsApp von der Verwendung dieses geistreichen Stilmittels Abstand zu nehmen.
Um die Bedeutung des gesagten vollumfänglich ausdrücken zu können, zu verstehen und im Spezialfall in eine andere Sprache zu übertragen ist es wichtig, den Kontext des gemeinten zu verstehen. Man muss wissen, welche Begriffe in diesem Kontext und oft auch gegenüber der Zielgruppe üblich sind. Die Zielgruppe ist ein entscheidender Faktor. Teenager werden ein anderes Sprachgefüge verstehen als beispielsweise eine Gruppe an Senioren.
Gerade diese Interpretationsleistung rechtfertigt den Beruf des Übersetzers in Zeiten von Google Translate und mehrsprachiger Schulausbildung. Nur der Übersetzer weiß, was wirklich richtig ist und wie das, was Sie sagen wollen, garantiert bei Ihrem Gegenüber ankommt.
Es geht ja gerade darum, vom Gegenüber verstanden zu werden.